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Joanna Krupadziorow

Wählen im Ausland: Polen

Was denken Mitglieder der belarussischen Diaspora in Polen über die anstehende Präsidentschaftswahl? BelarusVotes hat nachgefragt.

Was ist von der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in Belarus zu halten? Aleś Zarembiuk, Vizedirektor des Belarussischen Hauses in Warschau, bringt seine Gedanken mit einem Zitat des polnischen Schriftstellers Stanisław Jerzy Lec zum Ausdruck: „Ich dachte, ich hätte den Boden erreicht, aber dann hörte ich es von unten klopfen“.

Aleś wird nicht wählen gehen. Genauso wenig wie Vlad Korbets, sein Mitarbeiter. Zusammen boykottieren sie die Wahl und verweisen stattdessen auf die Wichtigkeit von Neuwahlen und die Freilassung von politischen Gefangenen. Zmicier Koscin, Journalist des belarussischen Radiosenders „Racyja“, wird ebenfalls nicht wählen. „Wahlen in Belarus existieren nicht“, zitiert Koscin Mikalaj Statkewitsch, den ehemaligen politischen Häftling. Es sei Unsinn zur Wahl zu gehen, fügt er hinzu.

Viele Mitglieder der belarussischen Diaspora sprechen sich für einen Boykott der Wahl aus:

„Warum wählen gehen? Es gibt in Belarus keine Wahlen mehr.“

„Wahlen in Belarus sind eine Farce, sie haben seit langer Zeit nichts mehr mit echten Wahlen zu tun. Niemand glaubt, dass es durch Wahlen möglich ist, etwas zu verändern.“

„In diesem Jahr gibt es keine wirkliche Opposition. Niemand kritisiert den Präsidenten. Die einzige Kandidatin, die sich als Oppositionelle bezeichnet, wird von einer Person unterstützt, die uns alle bei der Wahl 2010 betrogen hat, als sie mit der Verwaltung kollaborierte.“

Pavel, Universitätsstudent und Mitarbeiter in einem polnischen IT-Unternehmen, ist überzeugt, dass seine Stimmte gefälscht werden wird – auch, wenn er nicht ins Wahllokal geht. Er sagt:

„Meine Freunde werden aus Spaß wählen gehen. Niemand nimmt die Wahl als Chance wahr. Niemand denkt, dass wir etwas ändern können. Es gibt noch nicht einmal einen Kandidaten, für den wir stimmen könnten.“

Hoffnung in die Wahl setzt dagegen Yuliya Slutskaya, Direktorin des „Belarus in Focus Information Office“. Die Journalistin und Aktivistin für unabhängige Medien in Belarus hat sich dafür entschieden, zur Wahl zu gehen und ihre Stimme abzugeben „...aber nur, wenn es einen demokratischen Kandidaten gibt“. Weiter sagt sie:

„Ich werde wählen gehen, denn wenn wir die Wahlen boykottieren, dann werden die internationalen Beobachter die Wahlen für ordnungsgemäß erklären können. Wenn die Wahlbeteiligung gering ist, und Leute, die das derzeitige Regime ablehnen, nicht wählen gehen, dann wird es nicht nötig sein, Stimmen zu fälschen. Lukaschenko wird die Wahl gewinnen und die internationale Gemeinschaft wird denken, dass wir ihn und seine Herrschaft unterstützen.“

Vola Shved, Chefredakteurin beim belarussischen Sender Belsat in Polen, ist sich noch nicht sicher, ob sie zur Wahl geht. Wenn, dann wird sie Mikalaj Statkewitsch wählen – obwohl er gar nicht als Kandidat registriert ist: < p>

„Ich hatte immer schon ein großes Problem mit unseren Wahlen. Einerseits fühle ich mich verpflichtet, hinzugehen – andererseits weiß ich, dass es völliger Unsinn ist. Ich habe 2006 die Wahl in der belarussischen Botschaft in Warschau beobachtet. Wir waren den ganzen Tag da und fragten jeden nach seiner Stimme. Nach unseren Beobachtungen haben nur etwa zehn Leute Lukaschenko gewählt, alle anderen den Oppositionellen Alexander Milinkewitsch. Aber die offiziellen Ergebnisse aus der Botschaft waren völlig anders... Es ist schwer zu sagen, ob ich dieses Jahr zur Wahl gehe. Ich bin auf die Idee gekommen, Mikalaj Statkewitsch auf den Wahlzettel zu schreiben und meine Unterschrift neben seinen Namen zu setzen. Der Stimmzettel wird ungültig sein, aber vielleicht wird er jemanden von der Wahlkommission zum Nachdenken anregen“.

Belarussen, die im Ausland leben, können in Botschaften oder Konsulaten ihres Landes wählen gehen. In Polen ist dies in Warschau, Białystok, Danzig und Biała Podlaska möglich. Um seine Stimme abgeben zu können, muss man bei der Botschaft mit einem permanenten Wohnsitz in Polen registriert sein. Viele Belarussen reisen zur Wahl auch in ihr Heimatland. Einige sind überzeugt, dass Mitglieder der Wahlkommissionen die Stimmen derjenigen fälschen, die nicht zur Wahl gegangen sind. Häufig registrieren sie die Wähler im Ausland bei der Stimmabgabe nicht, denn auf diese Weise lassen sich ihre Stimmen im Inland oder in einer anderen Auslandsvertretung nochmals verwenden.

Zmicier Koscin erzählt über seine Stimmabgabe im belarussischen Konsulat in Białystok:

„Bei der letzten Wahl habe ich in Białystok gewählt. Nach einiger Zeit wurde veröffentlicht, dass dort für Uladsimir Njakljajeu zwei Stimmen abgegeben wurden. Meine Frau, ihre Freundin und ich haben alle Njakljajeu gewählt – das sind drei Stimmen, wie kann die offizielle Nummer dann zwei sein? Diese Situation zeigt, was es heißt, den Präsidenten von Belarus zu wählen, selbst hier, in Polen.“

Die Meinung der Belarussen in Polen zur Wahl ist unterschiedlich, sagt Vola Shved:

„Belarussen in Polen sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Ich denke, dass die meisten Belarussen, die in Polen leben, hier sind, um zu arbeiten. Sie bleiben für einen längeren Zeitraum und fahren währenddessen nicht nach Hause zurück. Sie interessieren sich überhaupt nicht für die Situation in ihrem Land. Die andere Gruppe, also diejenigen, die wirklich interessiert sind, sind die politischen Migranten. In den meisten Fällen können sie nicht zurück nach Belarus und vermissen ihr Heimatland. Aus diesen Gründen engagieren sie sich. Aber von ihnen gibt es hier nur wenige. Andere, die die politische Situation in Belarus interessiert, fragen sich nach dem Sinn dahinter, zur Wahl zu gehen. Sie sind überzeugt, dass niemand die Stimmen auszählt. Oft gehen sie nicht wählen, weil sie sich dafür bei der belarussischen Botschaft mit persönlichen Informationen und Angabe ihres Wohnsitzes in Polen registrieren müssten. Das wollen sie nicht.“

Bereits fünf Tage vor dem offiziellen Wahltag am 11. Oktober können Belarussen mittels der sogenannten „vorzeitigen Stimmabgabe“ wählen gehen. Das bedeutet, dass die Wahllokale beinahe die ganze Woche geöffnet sind. So können auch Leute wählen gehen, die am Wahltag verhindert sind. Nachts werden die Wahlurnen von der Polizei bewacht. Eine Woche nach der Wahl müssen gemäß dem Wahlgesetz die Stimmzettel zerstört werden. Keiner zweifelt daran, dass mit dieser Methode Stimmen gefälscht werden könnten.

Autor

Joanna Krupadziorow ist Journalistin bei Eastbook.eu.

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PARTNERSCHAFT

Das Teaserbild ist eine Bearbeitung von "Belarus" von Marca Veraarta, es steht unter CC-BY-Lizenz.